Mama ohne Pause: Wieso Eltern mehr Selbstmitgefühl brauchen

Zeit für mich: Warum Selbstfürsorge für uns alle so wichtig ist

Ich fahre morgen weg. Vier Tage lang werde ich allein an einem schönen Ort verbringen. Ohne Arbeit. Ohne Haushalt. Und ohne mein Kind. Warum Selbstfürsorge für uns alle und vor allem für Mütter so wichtig ist. 

Ich gebe es zu: Ich habe das Mamadasein unterschätzt! Vielleicht im Vorfeld sogar ein bisschen romantisiert. Na klar, von schlaflosen Nächten habe ich gehört. Und dem Spagat zwischen Familie und Beruf. Aber meine Vorstellung war eher schemenhaft. Zu viel wollte ich wohl auch gar nicht wissen. 

Nun bin ich selbst seit acht Jahren Mama, seit einem Jahr Zweifachmama und ich merke immer wieder aufs Neue: Wow! Was für eine Aufgabe. Was für eine einzigartige, wunderbare Aufgabe. Und was für eine herausfordernde Aufgabe. In vielerlei Hinsicht. Da gibt es Schlafentzug und Krankheitsphasen. Auf einmal diese 24/7 Verantwortung für zwei andere Wesen. Dann tauchen da Partnerschaftsprobleme auf und Elternabende in der Kita. Redaktionskonferenzen und Kundengespräche. Und dann stirbt noch jemand aus der Familie. 

Mamasein: Der ganz normale Wahnsinn

Der ganz normale Wahnsinn des Lebens, der einen natürlich schon ohne Kinder ziemlich herausfordert. Doch nebst dem Versuch das alles unter einen Hut zu bringen, fehlt mir als Mama vor allem eines: Regenerative Zeit für mich. Oder formuliere ich es mal besser so: Diese Zeiten muss ich mir nun ganz bewusst kreieren. Sonst lande ich schnell im Hamsterrad von Tun und Machen und merke meist ein bisschen zu spät: Boah, ich bin echt erschöpft. Also nicht nur so oberflächlich, sondern in der Tiefe. Die Akkus sind leer. 

Versorgerin, Businesswoman, Mom I’d like to fuck – Mütter sollen heute alles sein. Dass darunter ihr Wohlbefinden leidet, ist kein Wunder.

Mareice Kaiser, Autorin des Bestsellers ‚Das Unwohlsein der modernen Mutter‘

Und damit bin ich offensichtlich nicht allein: Rund 150.000 Mutter-Väter-Kind-Kuren werden jährlich bei den Krankenkassen beantragt. Das Mütter-Genesungswerk spricht von den ‚erschöpften Müttern‘. (Seit zehn Jahren haben übrigens auch Väter das Recht mit ihren Kindern eine Kur zu machen. Dennoch bleiben Eltern-Kind-Kuren meist Sache der Mütter) 

Egal ob Familie, Job oder andere Herausforderungen: Meist landen wir dann in einer schweren Erschöpfung, wenn wir vergessen oder verdrängt haben, uns um uns selbst zu kümmern. Im Funktionsmodus des Lebens merken wir manchmal nicht mehr wann eine Pause angesagt ist. Dabei ist Selbstfürsorge die beste Prävention. Egal ob physischer oder psychischer Natur, wenn wir uns im Sinne der Salutogenese schon frühzeitig um uns kümmern, könnten wir so manche Krankheit verhindern. Beine hochlegen, Badewasser einlassen, in der Sauna schwitzen. Was auch immer dazu beiträgt, dass wir aus dem Hamsterrad des Alltags und unserer Gedanken aussteigen und uns wirklich entspannen können. 

Selbstfürsorge fängt bei den körperlichen Grundbedürfnissen an

Wobei Selbstfürsorge für mich bei den körperlichen Grundbedürfnissen anfängt. Schlafe ich genug? Esse ich regelmäßig? Trinke ich ausreichend? Das mag dem ein oder anderen banal erscheinen, doch haben wir alle in stressigen Phasen schon mal vergessen zu essen. Und früh ins Bett zu gehen. Das macht sich meist nicht direkt bemerkbar. Nach ein paar Wochen aber schon. 

Selbstfürsorge hängt dabei sehr eng mit der Selbstwahrnehmung zusammen: Wie gut bin ich mit mir im Kontakt? Kann ich meinen Körper spüren? Meine Bedürfnisse wahrnehmen? 

Meine Bedürfnisse zählen 

Die wichtigste Voraussetzung für eine funktionierende Selbstfürsorge ist: Du musst dir selbst erlauben, überhaupt für dich zu sorgen. Klingt selbstverständlich? Ist es aber für viele Menschen nicht.

Warum? Bei mir ist das so: Irgendwie habe ich abgespeichert, dass ich mir Selbstfürsorge erst verdienen muss. Ich kann mir ja nicht einfach so etwas Gutes tun. Warum eigentlich nicht? Ich musste mir wirklich erst immer wieder bewusst erlauben, für mich zu sorgen. Und mir sagen: „Ich zähle. Meine Bedürfnisse zählen.“

Denn Selbstfürsorge bedeutet als erst einmal, dass ich mir meiner Bedürfnisse bewusst werde. Dass ich mich selbst und meine Bedürfnisse Ernst nehme. Und Mitgefühl mit mir habe. 

Ahimsa – Mitgefühl mit anderen. Und uns selbst

Die Yogapraxis hat mir auf dem Weg dorthin unheimlich geholfen. Denn auch in der Yogaphilosophie spielt das Mitgefühl eine wichtige Rolle: Ahimsa Maitri bedeutet Nächstenliebe und Mitgefühl mit anderen. Aber auch mit uns selbst. Ahimsa wie in den Yogasutren von Patanjali beschrieben fordert Gewaltlosigkeit gegenüber anderen Lebewesen, aber auch gegenüber uns selbst. In Taten, Worten und Gedanken. Kein unwichtiger Aspekt, denn wie oft richten wir die eigenen Gedanken gegen uns? Die Reinheit der Gedanken wird in der Yogaphilosophie als Saucha beschrieben. Eine der Regeln der Niyamas – die yogischen Empfehlungen für das persönliche Leben. 

Es ist sicherlich nicht im Sinne des Yogas, dass wir alle anderen liebevoll behandeln, aber uns selbst nicht. 

Selbstfürsorge hat viele Facetten

Dabei gibt es aus meiner Sicht viele Facetten: Zur Selbstfürsorge gehört es auch für Abwechselung, Zerstreuung, neue Impulse oder neue Lernfelder zu sorgen. Wenn unser Leben zu eintönig wird, dann kann die Lebendigkeit und Lebensfreude aus unserem Alltag verschwinden. Und auch Nähe und Austausch mit anderen Menschen sind Bedürfnisse, die wahrgenommen und erfüllt werden möchten. 

Das sieht dann für jeden anders aus. Ich habe mir kinderfreie Tage organisiert, ich habe ausgeschlafen, habe mich massieren lassen, an einer Kakaozeremonie teilgenommen, mir ein neues Buch gekauft und dann ein paar Tage nur gelesen und Musik gemacht. Danach habe ich mich endlich wieder ausgeruht und kraftvoll gefühlt. 

So gelingt Dir mehr Selbstfürsorge im Alltag:

1. Mit Selbstfürsorge den Tag beginnen

Gleich nach dem Aufwachen das Handy checken? Nicht wirklich fürsorglich. Denn sofort fängt das Geratter in unserem Kopf an. Stattdessen empfehle ich: Nach dem Aufwachen noch einen Moment liegen bleiben, ein paar Mal tief in den Bauch atmen und dir drei Dinge sagen, für die du gerade dankbar bist. Kreiere dir eine Morgenroutine, die dein Herz erfreut und sich für dich fürsorglich anfühlt: Vielleicht trinkst du ein Glas heißes Wasser. Oder einen Smoothie. Vielleicht bürstest du deine Haut ab. Vielleicht machst du den Sonnengruß und hörst dann dein Lieblingslied.   

2. Bewegung im Alltag

Ganz gleich, ob Yoga, Aerobic-Stunde, Joggen im Park oder ein Spaziergang durch den Kiez: Am Besten du planst täglich mindestens eine halbe Stunde für eine Selbstfürsorge-Bewegungseinheit. 

3. Du bist dein bester Freund

„Oh je, das hätte ich wirklich besser machen können.“ Oder: „Mist, ich habe es ja gar nicht drauf.“ Mit niemandem gehen wir so hart ins Gericht wie mit uns selbst. Und das ist alles andere als fürsorglich. Im Gegenteil: Unser innerer Kritiker ist allzu oft dafür verantwortlich, dass wir uns mies fühlen. 

4. Gönn dir was! 

Ein heißer Kakao mit Kardamon, ein Besuch im Kino, ein Bad mit deinem Lieblingsöl, eine Gesichtsmaske: Versuch einmal dir jeden Tag etwas zu gönnen. Und sei es nur eine Kleinigkeit. Denn Du hast es wirklich verdient, dir jeden Tag etwas Gutes zu tun. Dafür musst du nicht erst warten, bis du eine bestimmte Sache geschafft oder erreicht hast. Du bist so wie du bist wertvoll. Jeden Tag!

5. Höre auf deinen Körper

Unser Körper sagt uns eigentlich ganz genau, was wir brauchen, wann wir es brauchen und in welchem Maß wir es brauchen. Leider haben die meisten von uns verlernt, wirklich auf die Signale ihre Körpers zu hören. Erst, wenn er krank ist, wenden wir uns ihm meist liebevoll zu. 

6. Bitte um Hilfe! 

Ja, auch das gehört zur Selbstfürsorge: Andere um Hilfe bitten. Viele von uns sind so programmiert, da wir es nicht mehr gewöhnt sind, in einer unterstützenden Gemeinschaft zu leben und um Hilfe zu bitten. Und dabei muss es sich gar nicht um große fundamentale Dinge handeln. Auch kleine Gesten können schon enorm unterstützend sein: „Es wäre schön, wenn du mich mal kurz umarmst“ oder „Ich würde mich freuen, wenn du mir einen Tee machst.“ 

Ich hoffe, dass dich dieser Artikel zu mehr Selbstfürsorge in deinem Leben inspiriert. Falls Du nach einer zeitnahen Möglichkeit suchst, einmal aus dem Alltag auszusteigen und Dir selbst etwas Gutes zu tun, lade ich Dich zu unserer nächsten Waldzeit Anfang Mai ein. Diesmal ein ‚Mama Spezial‘.

Pass gut auf dich auf! 

Daniela

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