Ach, Sommer!

Huch, da ist er ja, der Sommer. Hallo, Sommer! Schön, dass du da bist. Überall freut man sich über dein Erscheinen, doch ich möchte ganz ehrlich zu dir sein: Ich brauche immer einen Moment, um mich an Dich zu gewöhnen.

Ich freue mich sehr, dass die Sonne da und es wieder warm ist, und dass ich im See schwimmen und barfuß laufen kann. Und gleichzeitig erfordert es immer wieder erstmal meinen Mut, die Wollpullis abzulegen, ebenso wie die gesellschaftlich etablierten Ideale eines Strandkörpers und mich mit mir selbst in Shorts, Tanktop und Bikini wohl zu fühlen. 

Und ich glaube ich bin damit nicht alleine. Es gibt natürlich die, die nur darauf gewartet haben, ihren Körper in der Sonne zu exponieren. Und weißt du, irgendwie dachte ich immer: So müsste es sein. Leichtfüßig und freudig über den Strand hüpfend, sich feministisch und überhaupt frei fühlend, vielleicht sogar oben ohne. Aber mein eigenes Empfinden war oftmals ein ganz anderes und zwar nicht nur während der 17 Jahre in denen ich meinen Körper ganz offensichtlich mit zu viel und zu wenig Essen maltretiert habe. Sondern auch noch danach. Und auch noch jetzt, wo du 

Unweigerlich der Gedanke: „Mist, hätte ich doch im Winter mehr trainiert.“ Und dann die Vergleiche. Mit jüngeren und knackigeren Körpern. Und obwohl ich es besser weiß kommt da manchmal noch die Stimme, die flüstert, dass diese Körper eine Strandberechtigung verdient haben und ich meinen besser verstecken sollte. Ich bin 38 Jahre alt und erwarte natürlich, dass ich es schon besser weiß. Und fühle. Ich meine, immerhin habe ich das Wunder der Geburt am eigenen Leib erlebt, eine Tumordiagnose überstanden, so manche Literatur zu gesellschaftliche Schönheitsidealen gelesen und außerdem meditiere ich regelmäßig. Und, ach ja, ich bin ans andere Ende der Welt gereist, um mich auf einer mexikanischen Pyramide selbst zu heiraten und mir die Selbstzweifel von einem Schamanen austreiben zu lassen. Seine simple Antwort auf meine Problematik lautete wie folgt: „Honey, sag dir einfach immer wieder: Ich habe keine Zeit für Lügen!“

Ein Stopp für den Mindfuck und stattdessen positive Neuprogrammierung voraus. So Louise Hay Style: „Ich bin schön und alle lieben mich. Ich fühle mich wohl in meiner Haut.“ Ja, es ist wahrlich nicht so, als würde ich all die verschiedenen Methoden nicht kennen, als hätte ich die meisten von ihnen nicht sogar schon ausprobiert. Und ich muss sagen: Im Vergleich zu früher ist es ja schon um einiges besser. Es gibt Phasen, in denen mag ich meinen Körper wirklich ganz gerne. Zumindest fühlt es sich dann nicht den Großteil des Tages so an, als würde er mir im Weg stehen.  Und manchmal schaffe ich es sogar einfach dankbar dafür zu sein, dass ich gesund bin. Dass alles so einwandfrei funktioniert.

Und es gibt die Tage an denen ich mich in einem XXXL-Pulli verkriechen und nie wieder rauskommen möchte. Tage an denen sich jeder auf mir ruhende Blick störend anfühlt und die eigene Haut zu eng. Jeder Zentimeter Körper ist irgendwie zu viel. Wobei mein Außen das oft nicht nachvollziehen kann und ich meist zu hören bekomme: „Aber du bist doch gar nicht dick.“ An dieser Stelle mag ich uns alle zu mehr Empathie für das Innenleben unseres Gegenübers ermutigen. Aber dieses Jahr, lieber Sommer, hat sich etwas verändert. Denn ich lerne, den Sommerblues einfach da sein zu lassen. Denn Heilung bedeutet nicht, dass ich mich dahinbiege, wo ich mich gerne hätte, sondern dass ich mich so annehme, wie ich bin. Eben auch mit einem gewissen Sommerunwohlsein.

Und: Ich muss nicht die tapfere Kriegerin mimen und alles mit mit mir alleine ausmachen.  Ich kann andere mit ins Boot holen und sie wissen lassen: „Hey, hör mal, so ist das gerade bei mir. Es ist mir wichtig, dass du davon weißt.“

In diesem Sinne: Happy Summer!

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