Innere Monologe, Teil 1

Photo by Tachina Lee on Unsplash.

Manchmal flippen unsere Gedanken aus. Das ist dann anstrengend. Und ganz normal. Die Angst vor der eigenen Courage. Der innere Kritiker. Wir alle kennen sie und sprechen doch so wenig darüber. Wieso eigentlich?

Zwischen uns und unseren Träumen stehen meist endlos lange innere Monologe. Stimmen, die uns weismachen wollen, dass irgendwas so oder jetzt noch nicht geht. Dass wir noch nicht gut genug sind. Das unsere Idee noch nicht gut genug ist.

„Folge Deinem Herzen. Du kannst alles sein, was du nur möchtest. Lass los. Vertraue. Und dann wird das Universum schon für Dich sorgen.“ Die Coaching- und Speaker Szene ist voll von diesen Wahr- und Weisheiten. Wir sind freier denn je. Haben mehr Möglichkeiten als jemals zuvor in der Geschichte der Menschheit. Viele neue Chancen. Und auch Herausforderungen. Alles ist immer und überall für jeden möglich, so wird uns impliziert.  Also, vorausgesetzt, das Mindset stimmt.

Bei einem der vielen Selbstverwirklichungs-Seminare, die ich besucht habe, meinte eine Frau einmal, dass sie ihren Geist jetzt endlich von allen negativen Gedanken gereinigt habe. Ich bin kein Fan von derlei Ansätzen. Das fängt schon bei der Kategorisierung an: Manche Gedanken sind gut. Und andere sind schlecht. Und wenn man schlechte Gedanken denkt, dann fühlt man sich nicht gut. Eben, weil sie nicht so erhebend sind und zum anderen weil man es noch nicht geschafft hat, einfach nur positiv zu sein. 

Ich mag Affirmation, aber keine ‚immer nur positiv‘ – Kultur

Ich mag Affirmationen und habe ihre Wirksamkeit erfahren. Ich bin auch überzeugt davon, dass unsere Gedanken unsere Realität beeinflussen. Aber ich halte nichts von der ‚Immer positiv und das Leben läuft‘- Kultur, weil sie impliziert, dass alles andere nicht richtig ist. Und dass wir so, wie wir sind, nicht richtig sind, denken leider schon viel zu viele Menschen. 

Ich bin für Selbstmitgefühl! Immer und überall. Natürlich geht es mir besser, wenn ich nicht meinen Selbstzweifeln das Ruder überlasse. So richtig gut geht es mir allerdings, wenn ich nicht ständig versuche gegen das, was gerade ist, anzukämpfen und all meine Gedanken und Gefühle einfach mal sein lasse. 

Nein, ich denke nicht immer hochfrequente heilige Gedanken. Und laut zahlreichen Studien scheine ich damit nicht allein zu sein: Mehr als 60.000 Gedanken denken wir pro Tag. Und nur 3 Prozent davon sollen aufbauend sein.

Die Protokolle meiner inneren Monologe sollen die Zweifel nicht verherrlichen, sondern zeigen: Sie gehören genauso zum Weg wie alles andere. Und sie mal aufzuschreiben in ihrer epischen Breite, kann uns dabei helfen, sie uns bewusst zu machen. Denn viele Glaubenssätze sind tief in unserem Unterbewusstsein verankert, sind uns nicht direkt bewusst, wirken jedoch trotzdem in unserem Alltag. 

Die Gedanken flippen aus

Innere Monologe Teil 1 also. Gedankenwirrwarr, nachdem ich von einer Freundin gefragt wurde, ob ich ihren Vortragsslot beim 2. Female Future Force Day der Edition F in Berlin übernehmen möchte. Grandios! Manifestation come true…

Am Vortrags-Tag hänge ich in der Speaker*innen Lodge ab und warte auf meinen Auftritt. Ich bin aufgeregt, ein bisschen müde und meine Gedanken flippen aus:

„Okay. Schauen wir mal, wer hier ist. 

Oh, da kommt Laura Malina Seiler. Mit ihrem Sohn. 

Wow! Das ich die mal live sehe. 

Sieht dünner aus als auf den Insta-Fotos. 

Aber irgendwie nicht so entspannt. 

Hach, ihr Leben hätte ich gerne. 

Die hat schon alles geschafft, was ich noch gerne schaffen würde….

ich weiß auch grad gar nicht mehr, warum ich gleich auf diese Bühne gehe.

Ich habe ja echt einfach nur Glück gehabt. 

Gewartet hat hier niemand auf mich.

Ich habe weder einen coolen Podcast, noch ein Buch geschrieben, noch bin ich besonders erfolgreich auf Instagram.

Mist. 

Ich sollte mich nicht so klein machen. 

Hat ja jeder irgendwann mal angefangen.

Und außerdem hatte ich nicht nur Glück.
Ich habe mir das hier her manifestiert., hab mir vor meinem inneren Auge schon vor einem Jahr vorgestellt.  

Oh, da lässt sich eine schminken. 

Wusste ich gar nicht, dass man das hier machen kann. 

Blöd. Das wäre sicher gut. 

Ich kann mich selbst nicht gut schminken. 

Und hier sehen alle irgendwie so perfekt aus. 

Auf jeden Fall besser als ich. 

Verfluchte Selbstzweifel. 

Die haben die anderen bestimmt schon längst transformiert! 

Auf jeden Fall. Sonst wären sie ja nicht dort, wo sie sind. 

Aber ich glaube eigentlich tun die eh alle nur so cool. 

Oh, wow, da kommt Charlotte Roche

Geile Neon-Stiefel. 

Ich würde mich nie trauen solche Stiefel anzuziehen. 

Ach, wäre ich doch auch so frei. 

Mir ist die Meinung der anderen immer noch nicht egal. 

Und das ist mega nervig. Und anstrengend. 

So, jetzt aber mal ein paar positive Gedanken;

Ich bin wunderschön.
Ich bin wunderschön und alle lieben mich. 

Ich habe den Menschen etwas mitzuteilen, was sie inspiriert.
Ich bin ruhig und entspannt. 

Ich bin mega aufgeregt. 

Und meine Augen kleben an Charlotte. 

Ich liebe ihren Paardiologie-Podcast.

Und hätte gerne auch so einen coolen Mann.

Ich will ein Foto mit ihr und das auf Insta posten. 

Charlotte Roche und ich beim Female Future Force Day in Berlin

Vielleicht werde ich dann endlich zum Influencer. 

Obwohl ich Influencer auch irgendwie komisch finde. 

Verdammt, ich bin echt manisch.  

Ich sollte mehr meditieren. 

Das habe ich einfach seit Wochen nicht mehr regelmäßig gemacht. 

Dann hätte ich bestimmt nicht so ein Karussel im Kopf. 

Ich spreche sie jetzt an. 

Aber was soll ich sagen? 

Ich will, dass sie mich cool findet.

Denn ich bin ja auch cool.

Also, naja, nicht genauso cool wie sie. 

Anders cool. 

Warum will ich eigentlich immer cooler sein als ich bin?

Ich sollte mir das nochmal mit meiner Therapeutin anschauen.

Das ist doch nicht normal!

Und hat bestimmt ganz tiefe Ursachen in meiner Kindheit. Oder Jugend.

Oder beides. 

Wir haben ein Foto gemacht. 

Juhu. Ob ihr das auch so viel bedeutet hat wie mir?

So, ich muss jetzt auf die Bühne. 

Ich bin aufgeregt. 

Verdammt. 

Warum mache ich das eigentlich?

Hoffentlich verhasple ich mich nicht. 

Soll ich meine Redekarten mit auf die Bühne nehmen oder frei sprechen?

Ich spreche frei. Da bin ich mehr ich. 

Ob das gut ist?

Ach, wird schon gut sein. 

Wenn ich erstmal oben stehe, läuft es. 

Diese Aufregung vorher macht mich fertig. 

Sitzt meine Bluse richtig?

Vielleicht hätte ich doch noch Lippenstift auftragen sollen.

Wäre ein anderer Rock besser gewesen?

Die Rednerin vor mir hatte eine Powerpoint Präsentation.

So professionell bin ich nicht.

Hoffentlich langweile ich sie nicht. 

Hoffentlich geht niemand, während ich spreche.

Egal, ich mache das jetzt einfach. „

Ja, wir können unser Mindset umwandeln. Lernen, erhabenere Gedanken über uns zu denken. Doch für mich beginnt dieser Weg nicht damit, dass wir einfach wegdrängen, was ist, sondern es mit Liebe ans Licht bringen und unsere Menschlichkeit mit einer Portion Humor betrachten.

Was denkst du dazu?

Alles Liebe,

deine Daniela.

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