Was ist eigentlich Vulva Watching?

Ein Gastbeitrag von Aufklärerin und Life & Intimacy Coach Fehu Freyjadóttir über das Vulva Watching und warum es sehr heilsam sein kann, sich die eigene und die Vulva anderer Frauen anzuschauen.

Sicherlich hast Du Dich auch schonmal gefragt: “Ist meine Vulva richtig und gut so wie sie ist”? Ich erinnere mich daran, wie unsicher ich schon als Teenager über das Aussehen meiner Vulva war und wie sich das eigentlich auch erst Anfang 30 bei mir verändert hat. Ich kannte Vulven hauptsächlich aus Pornos und sehr zum Bedauern wie ich finde, sehen dort alle Vulven gleich aus. Genauso wie Vulven bevor wir die Pubertät erreichen sehr ähnlich aussehen.

Ist meine Vulva eigentlich normal?

Und natürlich kam irgendwann die Frage auf: “Ist meine Vulva, so wie sie aussieht, normal und ist sie gut so wie sie ist? Würde meine Vulva jemandem mit dem ich intim sein möchte gefallen und was wenn nicht? Würde ich dann zurückgewiesen werden oder gar, nicht geliebt werden?”.

Fast forward zu Heute. Ich bin nun 35 Jahre alt und habe mich durch viel eigene Recherche, Fortbildungsmodule und Selbststudium zu einer Frau entwickelt die zum einen gelernt hat wie unterschiedlich unsere Vulven sind und was uns zurückhält und beschäftigt und zum Anderen was uns Befreiung und Weite in uns selbst schenkt.

Die gesellschaftliche Norm prägt unseren Blick auf die Vulva

Uns überhaupt erst einmal bewusst darüber zu werden, das es da ein Thema gibt über das immer noch nicht wirklich viel gesprochen wird in unserer Gesellschaft. Die Zahl an Frauen die sich ihre Vulva operieren lassen wollen steigt.

Foto @linascheynius

Immer mehr Frauen glauben, dass ihr Geschlechtsteil nicht der ‘Norm’ entspricht. Eine Norm, die vor allem durch die mainstream Pornografie geprägt ist. Die Beispiele die uns das Internet zeigt, spiegeln jedoch oft nicht wieder, wie sehr sich Vulven im Aussehen voneinander unterscheiden. Und wie einzigartig jede einzelne von ihnen in Form und Farbe wirklich ist.

Wie oft haben wir die Möglichkeit uns andere Vulven in real life anzuschauen? Trauen wir uns, uns alleine mit einem Spiegel hinzusetzen und unsere eigene Vulva anzuschauen und zu erforschen?

In meiner Erfahrung sehen viele Menschen Ihre eigene Vulva genauso selten wie sie die von jemand anderem sehen oder sogar noch weniger.

Die Scham vor der eigenen Vulva ist groß

Scham und die Angst zurechtgewiesen bzw. verurteilt zu werden sind dabei ein großes Thema.  Und das kann ganz unterbewusst passieren. Ich greife hier immer gerne zu dem Beispiel Schamlippen. SCHAM-Lippen! Nehme ich den Duden zur Hand lese ich zum Thema Scham folgendes: “durch das Bewusstsein, (besonders in moralischer Hinsicht) versagt zu haben, durch das Gefühl, sich eine Blöße gegeben zu haben, ausgelöste quälende Empfindung”. BAAM!

Ich würde euch total gerne einladen das einfach mal kurz nachwirken zu lassen. Was passiert da gerade in dir wenn du dir dessen bewusst wirst?

Die Frage, die sich mir da sofort stellt, ist: “Wie hätte die Beziehung zu meiner Vulva eine andere sein können, wenn der sichtbare Teil meiner Vulva schon von vornherein und wortwörtlich in diesem Fall, mit Scham behaftet worden ist.”?

Vulva-Lippen vs. Schamlippen

Oft ist uns gar nicht bewusst, wie viel Kraft Wörter und Sprache eigentlich haben können. Als mir diese Verbindung das erste Mal vor Auge geführt wurde, war dies wie ein Erleuchtungsmoment und etwas veränderte sich. Seitdem sage ich auch nur noch Vulva-Lippen, Labia oder einfach nur Lippen. Genau so wie ich auch nur noch innere und äußere Lippen sage anstatt große und kleine Lippen, da die inneren Lippen auch größer/ länger als die äußeren sein können.

Was also ist Vulva Watching?

Vulva Watching ist ein Workshop der Menschen mit Vulva dazu einlädt sich auszutauschen, neugierig zu sein, sich zu zeigen und gleichzeitig auch gesehen zu werden. Ein Raum, in dem es sicher ist zu Fragen und diesen Teil in uns, der gerne mehr wissen möchte rauszulassen und auszuleben. Ein Platz an dem jeder Gedanke über unsere Vulva, so unangenehm, komisch oder “unrichtig” er uns auch erscheinen mag, sein darf.

 Abgesehn vom verbalen Austausch, gehen wir auf eine visionäre Reise mit uns selbst und den anderen Teilnehmer*innen.

Wie läuft so ein Vulva Watching Workshop ab?

Nach einer Kennlern- und Gesprächsrunde bist du eingeladen, dir einen Platz im Raum zu suchen an dem du dich wohlfühlst, um dich erst einmal ganz bewusst deiner eigenen Vulva zu nähern. Ein Spiegel hilft dir bei dieser Begegnung. Dieses Ritual unterstützt dich dabei zu schauen und zu fühlen wo du in deiner Beziehung zu deiner Vulva gerade stehst und neue Perspektiven und vielleicht sogar dich auf ganz neue Art und Weise zu entdecken.

Nachdem du dir selbst so WUNDERvoll begegnet bist, darfst du dann wenn du möchtest den anderen Teilnehmer*innen auf diese magische Weise begegnen.

Zu zweit, durch drei verschiedene Stadien gehend und in wechselnden Konstellationen, erforscht ihr die visuelle Diversität der Vulva. Dabei seid ihr eingeladen euer eigenes Innenleben zu beobachten. Was macht das mit mir? Wie fühlt sich das an sich eine andere Vulva anzuschauen und auch angeschaut zu werden?

Bild @artlindacatarina

Dabei lernst du, wie unterschiedlich Vulven wirklich sind und das jede einzelne Schönheit in sich birgt. Das ist für viele Frauen eine sehr heilsame Erfahrung, weil sie zum ersten Mal all die Bilder in ihrem Kopf revidieren können.

Du erfährst, dass Du nicht alleine bist mit Unsicherheiten und Gedanken und das es keine Norm gibt wenn es um die Vulva geht. 

Dabei ist keiner gezwungen sich nackt zu zeigen, du entscheidest ganz allein ob du Lust hast und dich trauen möchtest dir selbst und anderen auf diese besondere Weise zu begegnen. Du bist so wie du bist und mit deinem ganz eigenem Tempo voll und ganz willkommen.

Meine Mission

Angefangen habe ich mit meinen Vulva Workshops, weil ich gemerkt habe wie wichtig es ist solche Räume zu kreieren in denen wir uns so frei und auch verletzlich zeigen können. Wichtig gerade deswegen weil es dafür in der Gesellschaft immer noch zu wenig Raum gibt und die sexuelle und körperliche Aufklärung noch immer viel zu sehr auf die reine Fortpflanzung ausgerichtet ist und mainstream Media einfach ein unrealistisches Bild kreiert an dem Mensch sich unterbewusst ab arbeitet. Was wäre, wenn wir schon als Teenager wüssten wie divers wir alle körperlich, unsere Genitalien eingeschlossen, sind? Wenn lernen würden was bewusste, achtsame und respektvolle Sexualität ist und wie wir anderen und uns selbst darin begegnen können, mit weniger Selbstzweifeln darüber ob wir körperlich “richtig” ausgestattet wurden.

Ich möchte Menschen darin unterstützen sich selbst noch mehr zu lieben, anzunehmen und wertzuschätzen und das auf allen Ebenen und für mich sind bewusste Sinnlichkeit und Sexualität ein unterschätzter Katalysator dabei.

Alles Liebe,

Fehu

@Christine Biegler

Mehr über Fehu und Ihre Arbeit findest Du auf ihrer Webseite:  https://www.freyjadottir.com/

und über Facebook https://www.facebook.com/FehuFreyjadottir/

 

 

Die Redaktion der Leuchtenden Kriegerin empfiehlt euch noch diese Youtube-Doku des Y-Kollektivs zum Thema: https://youtu.be/CNNGNy5tLqc

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