Worauf wartest du noch?

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Menschen warten auf den Bus, die große Liebe oder darauf, dass sie endlich den Sinn des Lebens finden. Auch ich habe irgendwie immer auf etwas gewartet. Bis ich erkannte, dass ich mich vor allem aus Angst und Scham in dieser Warteposition halte.

Es fühlt sich an, wie der Moment bevor der Startschuss bei einem Hürdenlauf fällt. Man ist bereits in der Startposition, bereit für das, was da vor einem liegt. Und man wartet auf diesen Schuss, der fällt und einem die Erlaubnis gibt endlich los zu sprinten. Ich verharre, angespannt, den Blick aufs Ziel gerichtet, aber ich laufe nicht los. Und dann, dann fällt der Startschuss, ich laufe ein paar Schritte und dann warte ich darauf, dass mich jemand an die Hand nimmt und mitzieht. Oder dass jemand am Rand steht und mich laut anfeuert.

Ich habe in der Warteposition verharrt

In dieser Position habe ich mehrere Jahre meines Lebens verharrt. In den verschiedensten Bereichen meines Lebens. Ich habe auf den Mann gewartet, der mich endlich liebt. Erst dann kann ich das Leben so richtig geniessen. Und bis der wirklich auftauchen kann, sollte ich auch noch ein bisschen Zeit verstreichen lassen, bis ich wirklich all meine Traumata bearbeitet habe. Ich habe auf den Producer gewartet, der mich entdeckt und mit mir eine CD aufnimmt. Erst dann kann ich wirklich Musik machen. Ich habe auf die Zusprache eines Lektors gewartet, der mir die Erlaubnis gibt, ein Buch zu schreiben. Oder ich habe auf das nächste Ausbildungszertifikat gewartet, die offizielle Erlaubnis etwas zu tun, zum Beispiel Yoga zu unterrichten oder zu massieren. Oder ich warte mal lieber noch ein Weilchen, bis ich wirklich so weit bin.

Manchmal war mein Warten sehr zielgerichtet, manchmal habe ich aber auch einfach in den leeren Raum einer ungewissen Zukunft hinein gewartet.

„Es ist immer auch ein Hoffen auf etwas Zukünftiges. Deshalb wissen wir nicht immer genau, worauf wir eigentlich warten.“ Friederike Gräff, Autorin des Buches ‚Warten, Erkundungen eines ungeliebten Zustands

Für manch einen mag das Warten ein unangenehmer Zustand sein. Ich habe mich im  Wartezustand gesuhlt und ihn benutzt, um mich zu verstecken: „Ach, ich kann dem Ruf meines Herzens noch nicht folgen. Ich warte erst noch bis das und das passiert.“ Bis ich genug Geld habe. Genug Sicherheit. Bis ich endlich wieder Zeit habe. Bis mein Kind groß ist. Bis ich so weit bin. Bis die anderen so weit sind. Irgendwann wird es schon so weit sein. Dann wird der richtige Moment kommen. Und dann geht es endlich los.

Dann singe ich endlich all die Lieder, die ich schon immer singen wollte.

Dann schreibe endlich das Buch, dass ich schon immer schreiben wollte.

Dann reise ich endlich an all die Orte, die ich schon immer bereisen wollte.

Dann mache ich endlich das, was ich wirklich machen will.

Dann zeige ich mich endlich mit all den Gaben, die mir geschenkt wurden.

Ja dann, dann irgendwann geht es richtig los.

Estragon: Komm, wir gehen! 
Wladimir: Wir können nicht. 
Estragon: Warum nicht?
Wladimir: Wir warten auf Godot.

Ich dehne die Zeit aus – wofür?

Ich habe viel gewartet. Bis ich festgestellt habe: Letztlich dehne ich die Zeit aus, weil ich a) denke, dass ich genug davon habe und b) weil ich im tiefsten Innern noch nicht daran glaube, dass ich schon so weit bin oder c) nicht daran glaube, dass ich es schaffen kann.

All das – a,b und c – sind jedoch Auswüchse des inneren Kritikers, des monkey minds, die nicht wahr sind und mich letztlich nur davon abhalten, loszugehen. Oder dabei zu bleiben. Und ja, eigentlich habe ich Angst. Angst zu versagen, es alleine nicht zu schaffen, einer größenwahnsinnigen Schnapsidee auf den Leim gegangen zu sein.

Und eigentlich möchte ich mich auch nicht der Scham stellen, die in jede Pore meines Körpers kriecht, wenn ich zum Beispiel das mache, was mir gerade am meisten Freude macht: Auf der Bühne singen. Vielleicht mache ich einen Fehler? Vielleicht denken die anderen, dass ich noch war nicht so weit bin? Dass meine Stimme nicht gut genug ist?

Stattdessen habe ich immer wieder meine eigene Selbstwirksamkeit dem Warten untergeordnet. Irgendetwas muss erst noch passieren, in mir reifen, sich im Außen zeigen, bis ich dies und das machen oder erleben kann. Ich bin noch nicht so weit. Ich muss erst noch dies und das lernen.

Heute weiß ich: Das ist ein Trugschluss. Wenn wir etwas wirklich wollen, dann haben wir in JEDEM Moment die Chance, das Hier und Jetzt in vollen Zügen zu genießen und uns Gleichzeitig auf das Leben unserer Träume auszurichten. Und heute weiß ich: wir haben nicht unendlich Zeit.

„Wenn wir in unserem Leben darauf warten, irgendwann einmal perfekt und unverwundbar zu sein, bevor wir in die Arena treten, opfern wir letztlich Beziehungen und Gelegenheiten, die vielleicht nie wiederkehren. Wir verschwenden unsere wertvolle Zeit im Jetzt und missachten unsere Gaben, jene einzigartigen Beiträge, die nur wir leisten können. – Brené Brown

Deine Zeit ist nicht unendlich – Du stirbst!

Ja gut, in der Theorie haben wir das natürlich alle irgendwie verstanden. Und manchmal schauen wir uns Motivationsvideos an, die es uns nochmal ganz deutlich vor Augen halten: Unser Leben ist endlich. Und somit auch die Zeit, die uns bleibt. In unserer westlichen Hemisphäre haben viele von uns jedoch verlernt, den Tod wirklich nah an sich heran kommen zu lassen. Ihn zu fühlen, ihn so nah zu spüren, dass alles Warten absurd erscheint.

So ging es mir zumindest: Wie sehr ich mich im Wartemodus gefangen halte, habe ich erst verstanden, nachdem vier Menschen in meiner Familie starben und ich selbst eine Tumordiagnose bekommen habe.

Jetzt warte ich nicht mehr.

Ich gehe jetzt.

Immer weiter. Meinem Herzen folgend. Meiner Intuition. Meiner Freude.

Denn ich weiß: Es gibt nichts worauf ich warten muss. Es ist jetzt schon da. All die Unterstützung, all die Liebe, all der Support auf den ich wartete – er war immer schon da.

Habe ich noch Angst? Ja.

Schäme ich mich noch? Ja.

Aber habe jetzt ich den Willen dies zu fühlen, mir einzugestehen und trotzdem weiter zu gehen.

Also, worauf wartest Du noch?

Alles Liebe,

Deine Daniela

Neuer Online-Kurs

Ab dem kommenden Neumond begleite ich ausgewählte Frauen auf ihrem Weg, ihre Gaben sichtbar und groß in die Welt zu bringen. In einer wunderschönen Gruppe von Frauen werden wir gemeinsam an unserem Mindset und unserer Manifestationskraft arbeiten. Mehr Informationen findest Du auf der Facebook-Seite der Leuchtenden Kriegerin:

https://www.facebook.com/events/407889866421411/

Mein Gedicht zum Warten auf die Liebe

Ich wartete

Ich wartete auf die Liebe
und während ich wartete,
übersah ich,
dass sie schon längst da war.

Ich malte mir aus,
wie sie wohl zu sein hat,
die Liebe,
und dabei übermalte ich all die Facetten
in denen sie sich mir in so vielen Momenten
bereits zeigte.

Ich wünschte mir,
die Liebe
würde sich so oder so
anfühlen
und dabei konnte ich nicht mer spüren
was Liebe wirklich ist.

Ich sehnte mich nach der Liebe
und diese Sehnsucht war so gross,
dass ich nicht fühlte,
wie sie mich längst in ihren Armen hielt.

Ich hörte auf
zu warten,
zu wünschen
und zu wollen
und konnte endlich sehen
was immer schon da war.

~ Daniela Kamala Singhal

 

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