„Wir alle haben eine starke kreative Quelle in uns“

Céline Shakti über weibliche Kraft, sexuelle Abstinenz und Tantra

Céline wuchs in Frankreich auf und lebt mittlerweile seit 10 Jahren in Berlin. Sie ist Kundalini-Yoga-Lehrerin und bietet Tantra-Workshops und Frauen*kreise an. Gemeinsam mit anderen Frauen* initiierte sie einen Monat des Roten Zeltes in der Casa Cacao in Berlin.

Céline, was hat dich an der Idee des Roten Zeltes so berührt?

Mich berührt es, dass Menschen, die bluten, mit dem Mond und miteinander synchronisiert sein können und sich durch diese besondere Verbindung begegnen. Es geht nicht mehr nur um uns und unsere Körper, sondern um etwas größeres, das sich durch die Zeit durchzieht. Ich habe das Buch ‚Das rote Zelt“ von Anita Diamant gelesen. Ihr Roman über die Töchter Jakobs, die sich im Roten Zelt treffen, um das weibliche Göttliche zu ehren, erzählt die Bibel-Geschichte neu, aus der Perspektive einer Frau. Das Buch kam in den 90er Jahren heraus und seither gibt es in der westlichen Welt ein ‚Rotes Zelt‘-Bewegung, die sich auch von Blutzelten und Mondhütten aus afrikanischen Ländern und nordamerikanischen Traditionen inspiriert. Frauen* treffen sich wieder, um sich über das alte Wissen, das durch ihre Körper fließt, auszutauschen, weiterzureichen und neu zu beleben.

@CasaCacao

Wie war eure Erfahrung mit dem Roten Zelt in Berlin?

Sehr inspirierend und sehr nährend. Wir haben jeden Abend Workshops angeboten und es ist eine unglaublich starke Frauen*gemeinschaft entstanden. Unser Der Raum war immer auf offen, damit Frauen* im Alltag auch einfach mal einen Ort haben an dem sie zur Ruhe kommen, sich über ihr Bluten und Zyklen austauschen, lesen, tanzen, meditieren oder singen können. Ein Ort an dem sie wirklich bei sich ankommen können. Solche Räume sind sehr wichtig, denn oft bewegen wir uns in dieser linearen Gesellschaft viel schneller als es uns wirklich gut tut. Das verhindert oft, dass wir wirklich in unserer weiblichen Kraft leben und uns weich fühlen.

@CasaCacao

Hast Du diese weibliche Kraft immer in dir gespürt?

Nein. Ich bin in einer öko-hippie Familie großgeworden. Und Meine Tante hat viel Frauenarbeit gemacht. Sie hat mir schon früh von Blutzyklen arbeit, dem Mond und der weiblicher Sexualität erzählt. Auch mit meiner Mutter konnte ich sehr offen über diese Themen sprechen. Aber ich hatte in mir einen großen Widerstand gegen diese Themen und wollte meinen Weg erst mal alleine finden und gehen. Aber später habe ich mich bewusst nach diesen Frauen*räumen gesehnt, da ich viele Jahre lang viel Zeit eher den Kontakt mit Männern gesucht habe.

Du hast Dich vor einigen Jahren bewusst für eine Sex freie Phase entschieden, warum?

Ich hatte schon immer einen sehr starken sexuellen Drang. Mir wurde schon als Pubertierende gesagt, dass ich eine starke sexuelle Energie habe, das hat mich verwirrt und Schuld- und Schamgefühlen verursacht. Und ja, ich habe gevögelt ohne Ende. Das hat mir großen Spaß gemacht. Ich habe mich mit Menschen über Sex verbunden. Anfang 20 habe ich mit großen Schreck verstanden, dass es meine Sucht ist. Meine Art mich zu betäuben und die Wut, die Angst und die Traurigkeit wegzudrücken, die tief in mir lodern. meine wahren Gefühle weniger zu spüren. Ich habe mich dann für eine Zeit der sexuellen Abstinenz entschieden. Zwei Jahre lang hatte ich keine physische sexuelle Kontakte mit anderen Menschen und habe mich dann sehr langsam wieder angenähert. In der Zeit habe ich intensiv beobachten und erforschen können, welche Auswirkungen es hat, wenn ich Menschen in mein Feld und in mich hineinlasse. Wie es meinen Körper beeinflusst, meine Sprache, meine Gedanken, meine Entscheidungen. Es war ein wichtiger Schritt auf meinem Weg mir selbst und meinem Körper wirklich näher zu kommen.

„Wenn wir mit unserer weiblichen Kraft verbunden sind, dann sind wir tief mit der Natur verbunden!“

Was ist für Dich die Kraft des Weiblichen?

Auf jeden Fall Kreativität, als Ausdruck sprudelndes Leben. Und den Mut zur Liebe, zärtlich und wild. Wir, alle Menschen, schöpfen Leben und haben eine starke Quelle der Kunst und der Schönheit in uns. Eine natürliche Schönheit, die über das, was unser Auge erfassen kann, hinausgeht. Wenn wir mit unserer weiblichen Kraft verbunden sind, dann sind wir tief mit der Natur verbunden und wissen, dass es etwas Universales gibt, das uns trägt. Es ist ein vertrautes und warmes Gefühl vom gehalten werden und Zuhause angekommen sein.

Gibt es einen Moment in deinem Leben, der dich besonders geprägt hat?

Ja. Ich war in einer offenen Beziehung mit einem Mann, den ich sehr liebe und von dem ich dachte, dass wir gemeinsam Kinder zur Welt bringen und alt werden. Er hatte noch eine andere engere Liebschaft. Für eine Zeit haben wir zu dritt gewohnt auf einem Wagenplatz und sie wurde schwanger. Sie wollte das Kind nicht. Wir sind gemeinsam durch den Prozess der Abtreibung gegangen und wir sind ein Liebestrio geworden. Das war ein unglaublich herausfordernder und emotional. Es war auch eine sehr kraftvolle und liebevolle, vielleicht die intensivste Zeit meines Lebens. Ich habe viel darüber gelernt, wie wir Frauen uns gegenseitig unterstützen können Und wie wir immer wieder unsere Grenzen überschreiten, um diese neu kennenzulernen. Ich hatte noch große Angst davor, mich offen verletzlich zu zeigen. Diese Beziehung hat meine versteckte harte Schale aufgebrochen und den weichen Kern zum Vorschein gebracht. Es gab dann aber auch den Zeitpunkt an dem mir alles zu viel wurde und ich meinen eigenen Weg gehen wollte musste und ich Distanz gebraucht habe, um meinen Ängsten und Bedürfnissen zu begegnen.

Was prägt diesen Weg besonders?

Die Lust am tiefen Erforschen meines Körpers, meiner menschlichen und meiner spirituellen Natur. Dabei erlebe ich auch immer wieder einen gewissen Zwiespalt. Wie kann ich das Leben voll und ganz genießen und mich hingeben? Also einen weiblichen Weg leben. Und wie verbinde ich mich gleichzeitig mit meinen Visionen und die Disziplin, die mir verhilft, diese zu verwirklichen? Eigentlich geht es darum, immer wieder Widersprüche in sich aufzulösen und in Frieden für sich stehen zu lassen.

„Tantra gibt uns die Möglichkeit eine Liebe zu erfahren, die über unsere persönlichen Geschichten hinaus geht.“

Was ist für dich die Essenz deiner Arbeit? Die Essenz des Tantra?

Für mich geht es dabei vor allem um eine Erfahrung von transpersonalen Begegnungen

und um ein tieferes Verständnis meiner Selbst, die ich im Alltag, in unserer physischen Welt, übertragen und übersetzen kann. Mit Worten zum Beispiel: mit einem ehrlichen, leidenschaftlichen Ja und mit einem einfachen, klaren Nein. Verantwortung zu tragen also, als Teil der Gesellschaft, im Moment meine Stimme erheben, nachhaltig mitdenkend. Oder mit einem Lächeln oder einer Umarmung. Mit einer Yogaklasse, einen Anruf an die Familie, das Teilen eines leckeren Essens, ein Tanz, oder hier in unserer Begegnung. Von der Komplexität hin zur Einfachheit. Wir begegnen uns und haben die Möglichkeit können eine Liebe erfahren, die über unsere persönlichen Geschichten hinausgeht. Eine Form der reinen Nächsten universellen Liebe. Das kann ich erleben, wenn ich mir erlaube langsam und weich zu werden und aufmerksam zu spüren und zu erfühlen, was gerade in diesem Moment da ist und da sein sich entfalten möchte.

Vielen Dank für dieses wunderschöne Gespräch, liebe Celine!

Mehr über Celine könnt ihr auf ihrer Webseite nachlesen: http://www.celineshakti.net/bio

Mondtempel im Casa Cacao vom 6. Januar bis 3. Februar 2019

Auch in diesem Jahr, für den Mondzyklus vom 6 Januar bis zum 3. Februar, eröffnet das Frauen*team um Casa Cacao ein Sacred Space für Frauen*: den Moon Temple. Von Montag bis Freitag von 14 bis 18 Uhr ist der Raum offen zum Sein, Singen, Meditieren, Lesen, sich gegenseitig massieren und inspirieren. Abends und am Wochenende finden Workshops von Frauen* für Frauen statt. Der Sonntag (14-18 Uhr) wird als ein Neuinterpretation eines Goddessdienst gestaltet, in denen die Göttinnen in uns geehrt werden.

Der Sonntagabend ist ab 18 Uhr offen für alle (Gender und für Kinder) offen zum gemeinsam singen. Wir freuen uns auf euch!

Mehr Infos findet Ihr in der Facebook-Gruppe:  https://www.facebook.com/groups/142665603049468/?ref=br_rs

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